Was das generische Maskulinum nicht regeln kann, soll das Gendern lösen. Denn unsere Sprache lässt oft falsche, zu männliche, Bilder in unseren Köpfen entstehen. Dabei stößt Gendern bei den einen auf Unverständnis, andere wiederum nutzen das Gendersternchen fleißig. Wir wollen jedoch heute nicht über die Sinnhaftigkeit des Genderns debattieren, sondern dessen Performance in Werbeanzeigen messen. Unser Lab-Experiment soll die Frage beantworten: Bringt Gendern höhere Performance in Social-Media-Ads? 

Marketer:innen aufgepasst – ist Gendern ein neuer Hebel um Performance zu erhöhen? Lassen Sie es uns gemeinsam herausfinden. 


Der Aufbau des Experiments 

Im Experiment bewerben wir eine Landingpage auf der Besucher:innen ein eBook mit Instagram Tipps herunterladen können. Ziel der Ad sind Landingpage-Aufrufe, denn die Performance der Landingpage selbst möchten wir in diesem Experiment nicht testen. 

Um ein repräsentatives Ergebnis zu erzielen, ist unser Experiment zweigeteilt. Im ersten Teil der Mini-Studie schauen wir uns an, ob Gendern im Textteil der Werbeanzeige (Ad-Copy) die CTR in Social-Media-Ads erhöht und so zu einem niedrigeren CPC führen könnte. Im zweiten Teil des Experiments nutzen wir gendergerechte Sprache im Creative (also dem Bild der Anzeige) und untersuchen ob dies Einfluss auf die Performance der Werbewirkung hat. 

Wir untersuchen im Experiment also: 

  • Ob gendern in der Ad-Copy den CPC verringert  
  • Ob gendern im Creative die Performance erhöht 

Im letzten Abschnitt des Artikels gehen wir genauer auf die Methodik unseres Lab-Experiments ein. Jetzt aber direkt zu unserer Hypothese, dem Aufbau der Ads und den Ergebnissen.

Unsere Hypothesen 

  • Hypothese 1 

Unsere Hypothese ist, dass sich durch Gendern mehr Menschen angesprochen fühlen. Was dazu führen könnte, dass Menschen eher dazu tendieren zu klicken. Außerdem ist gendern noch lange nicht im Alltag der meisten Menschen angekommen. Das wiederum könnte dazu führen, dass gegenderte Texte etwas mehr Aufmerksamkeit als nicht-gegenderte erhalten könnten. Für die Werbewirkung wäre das natürlich gut! Unsere Hypothese ist folglich also: 

Gendern im Text der Werbeanzeige führt zu mehr Klicks! 

  • Hypothese 2 

Hypothese 1 nimmt an, dass die Ad-Copy gelesen wird. Jedoch wissen wir, dass wir alle zunehmend stark filtern, um in der täglichen Anzeigen- und Informationsflut die Elemente zu finden, die uns wirklich interessieren. Texte werden dabei noch stärker gefiltert als Bilder. 

Demnach denken wir, dass spätestens Bilder, in denen gendergerechte Sprache zu finden ist, die Performance erhöhen. Unsere zweite Hypothese ist also: 

Gendern im Text des Creative erhöht die Performance der Ad! 


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Der Aufbau unserer Ads

Wir haben im Facebook Business Manager einen A/B Test gewählt. Hierbei erhält Facebook ein Budget auf Kampagnen-Level und verteilt dieses gleichmäßig (!) auf die in der Kampagne befindlichen Werbeanzeigen. Außerdem macht der A/B Test die nachgelagerte Analyse ein wenig einfacherer. 

In allen Werbeanzeigen des Tests haben wir gleiches Targeting gewählt. Denn aufgrund der großen Zielgruppe (> 1 Mio.) und niedrigen Frequenz (< 2), haben sehr wenige Nutzer:innen verschiedene Anzeigen von uns angezeigt bekommen. Vor allem die Frequenz sollte natürlich regelmäßig während der Kampagne kontrolliert werden (Mehr Tipps zu Social-Media-Kampagnen). 

Targeting: 

  • 3% Lookalike auf Website Purchases (Zielgruppengröße: 1,1 Mio.)
  • Location: Deutschland, Österreich, Schweiz 
  • Alter: 25-54
  • Laufzeit: 10 Tage 
  • Sprache: Deutsch 
  • Placement: Facebook Newsfeed 

Die Ergebnisse 

Erste Hypothese: Gendern im Ad-Text 

Zunächst galt es für uns herauszufinden, ob Gendern im Text einen Einfluss auf die Performance hat. Um Vergleichbarkeit zu schaffen, nutzen wir natürlich in beiden Ads dasselbe Creative. Beide Ads liefen 10 Tage mit einem Budget von jeweils 250€ und gleichem Targeting (siehe oben).

Agorapulse Lab Experiment

Nach Abschluss des ersten Tests konnten wir einen Sieger ermitteln. Die Werbeanzeige in der der Text gegendered wurde, hat in zwei Disziplinen die Non-Gendered-Ad geschlagen, wenn auch haarscharf:

  • Mehr Landing Page Views 
  • Niedriger Cost per Result (Landing Page Views)

TextAd

Unsere erste Hypothese konnten wir somit bestätigen. Gendern im Text hat in unserem Test die Ad-Performance erhöht! 

Zweite Hypothese: Gendern im Creative 

Wir waren nach dem ersten Test also einen Schritt weiter und wussten: Gendern im Text scheint zu einer geringen Performance-Steigerung zu führen. 

Da in A/B Tests nur eine Variable getestet werden sollte um aussagekräftig zu sein (in unserem Fall ja das Creative), mussten wir uns im zweiten Test für einen Text entscheiden. Wir haben uns für den Gewinner, den gegenderten Text, entschieden. Auch diese beiden Ads liefen wieder 10 Tage für 500€ gegeneinander. 

Das von uns gewählte Creative im zweiten Test, ist nahezu identisch mit dem aus dem ersten Test, gendert aber und setzt spricht die Marketer:innen direkt an.

Creative Gendered

Ready. Set. Go. Schauen wir mal wer von den beiden in unserem Text besser performt.

Trommelwirbel… Auch hier gewinnt die gegenderte Version! 

Ergebnis: Niedriger Cost per Result und mehr Landing Page Views. 

Creative Ad

Da wir die Ausspielung und Performance täglich kontrolliert haben ist uns aufgefallen, dass dieser Unterschied ab Tag 1 auffällig war – die gegenderte Ad lag immer leicht vorne und war ein wenig günstiger und das bei über 26.000 erreichten Personen. 

Spannend oder? 

Ein genauerer Blick in die Ergebnisse 

Wir konnten also in unseren beiden Tests bisher herausfinden, dass sowohl Texte als auch Creatives zu besserer Performance als nicht-gegenderte führen. Hierbei haben wir vor allem einen Blick auf unser Ziel der Landingpage-Aufrufe und den Preis hierfür geachtet (secondary KPI: CPC). 

Um die Ergebnisse jedoch richtig zu verstehen, sollten wir noch einen Schritt tiefer in die Analyse gehen und schauen, bei welchen Zielgruppen die Variable, in unserem Fall das Gendern, besser performt. 

Hierbei konzentrieren wir uns auf den zweiten, den aussagekräftigeren Test, in dem das Creative die Variable war. 

Hinweis: Außerdem wählen wir CPC (Cost per Link Click) als KPI, nicht Cost per Landing Page View wie vorhin, da Facebook zum CPC mehr Insights anbietet. 

Zur Übersicht stellt der Facebook Business Manager noch einmal dar, welche Ad die Nase vorn hat. Also auch beim CPC gewinnt die gegenderte Ad, denn sie erzielte mehr Klicks zu einem günstigeren Preis. 

Key Metrics Test

Das Alter 

Lassen Sie uns einen Schritt tiefer in die Analyse gehen und verstehen, bei wem die ausgespielten Ads eine stärkere Wirkung hatten. 

Klar, auch wir hatten vor dem Test eine Vorstellung, bei wem Gendern mehr Einfluss haben könnte. Zumindest ein Bauchgefühl. In einer wissenschaftlichen Analyse wäre dies unsere Nebenhypothese. Die Ergebnisse belehren jedoch eines Besseren, denn diese Ergebnisse hätten wir so sicher nicht erwartet.  

Oder hätten Sie erwartet, dass gerade bei der ältesten Zielgruppe der Kostenunterschied am höchsten ist? Immerhin ist der CPC bei der nicht gegenderten Ad hier 49,6% teurer als bei der geschlechtsneutralen Version.

gendern ad performance, Steigert Gendern die Ad-Performance? Agorapulse untersucht!

Das Geschlecht 

Ähnlich sieht es beim Geschlecht aus. Die Deutlichkeit dieser Ergebnisse hat uns ebenso überrascht. Männer scheinen sich von gegenderten Ads deutlich mehr angesprochen zu fühlen als Frauen – zumindest in unserem Test. Der Preisunterschied ist, wie Sie in der unteren Grafik sehen können, bei Männern wesentlich bedeutender als bei Frauen. 

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Zusammenfassung der Ergebnisse 

Unser erster Test, der den Performance-Unterschied im Text unter die Lupe genommen hat, hat kein wirklich signifikantes Ergebnis erzielt. Lassen wir das also einmal außer acht und fokussieren uns auf den zweiten Teil an – die Creatives.  

Hier hat der A/B Test zu einem deutlich klareren Ergebnis geführt: 

  • Der CPC in der gegenderten Variante ist um 16% niedriger gewesen
  • Nutzer:innen im Alter zwischen 45-54 scheinen bei gegendertem Text auf dem Creative häufiger zu klicken. Hier war der CPC 49,6% niedriger 
  • Männer waren in unserem Test wesentlich “anfälliger” für Gendern, klickten häufiger, was zu einem 27,5% niedrigerem CPC führte 

In absoluten Zahlen hieß dies in unserem Test 77 Klicks auf die neutrale Anzeige vs. 89 Klicks auf die gegenderte Version. 

Nach 500€ Ad-Spend (im zweiten Teil alleine) sehen wir also, dass unsere zweite Hypothese bestätigt werden konnte. Direkte, gegenderte Ansprache im Creative der Werbeanzeige führten zu einer besseren Performance. 

Interpretation der Daten

Wichtig zu verstehen ist, dass solche Experimente keine allgemeingültige Aussagen liefern können. Dafür ist das Test-Set viel zu klein, unsere absoluten Zahlen zu niedrig. Dennoch wurden unsere Ads jeweils von mindestens 77 Personen geklickt, was schon zu etwas Sicherheit führt, dass unser Test signifikant genug ist um eine Richtung vorzugeben.

Neil Patel macht die Signifikanz-Analyse mit einem Mini-Tool einfach. Das Tool ist zu 88% sicher, dass unser Test unsere Performance erhöht, aber sieht die absolute Anzahl als zu gering an, um von statistischer Signifikanz zu sprechen. 

Signifikanz Neil Patel

Ein solcher Test hilft viel mehr Ideen für einen weiteren Performance-Hebel zu erhalten. 

Ein Test wie dieser soll Sie motivieren, eigene Tests durchzuführen.

Das Experiment kann also nur eine Richtung vorgeben, keine Daumenregeln liefern, denn die Ergebnisse hängen stark von der Zielgruppe ab. Hätten wir den Lookalike einer anderen Website genutzt, wären die Ergebnisse womöglich anders ausgefallen. 

Dennoch ist es einen Test wert: Gendern Sie doch einmal in der nächsten, direkten Ansprache im Ad-Visual. 

Wir sind auf Ihre Ergebnisse in den Kommentaren gespannt! 

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