Zu Beginn diesen Jahres haben wir mit Social-Media-Expert:innen gesprochen, um zu verstehen, was sie beschäftigt und welche Ziele sie haben. Genau das haben wir auch jetzt – zum Ende diesen Jahres – wieder getan. Wir wollten wissen, wie ihre Vorhaben gelaufen sind, was für 2022 auf dem Plan steht und welche Trends in Social Media zu erwarten sind. Vor allem aber möchten wir mit den Interviews wertvollen Input für Ihre Social-Media-Strategie liefern. Zu Beginns des Artikels finden Sie die wichtigsten Schlagworte, dann die Interviews im Detail.
Unsere Interviewpartner:innen arbeiten in sehr verschiedenen Bereichen, sind aber alle verantwortlich für verschiedene Teilbereiche des Social-Media-Marketings. Zum einen haben wir Khazer an Bord, die Head of Social bei der Kölner Digitalagentur morefire ist, Alyssa, die im Social bei der Polizei in NRW arbeitet und Franziska, die Social Media beim Deutschlandfunk verantwortet. Zu guter Letzt haben wir noch Stephan. Er verantwortet OMD Create, die Kreativ-Unit der größten Mediaagentur der Welt. Wenn wir also mit irgendwelchen Leuten über Trends in Social Media sprechen können, dann mit diesen!
Too long; didn´t read – die Interviews im Überblick
Schon Anfang letzten Jahres war das Thema Video äußerst zentral, denn Firmen haben feststellen müssen, dass es schwerer wird organisch Reichweiten zu generieren. Videos schienen hier ein immer entscheidender Faktor zu werden. Dies setzt sich auch jetzt weiter fort. Obwohl Video-Content sicher kein neuer Trend ist, muss dieses Format durch Reels und TikTok ständig neu gedacht werden. Stichwort: Authentizität. Auch live rückt weiter in den Fokus und hat längst die Gaming-Nische verlassen.
Die wichtigsten Social-Media-KPIs für unsere Interviewpartner:innen sind Interaktionen, Reichweite und eine Handvoll Performance-Metriken.
Alyssa Meister, Social-Media-Strategin bei der Polizei NRW
- Eins deiner Ziele war der stärkere Fokus auf Videos. Konntest du das erreichen? Wenn ja, wie hast du das umgesetzt? Wenn nein, was hat dich davon abgehalten?
Jein. Corona hat die Videoproduktion nach wie vor beeinflusst, auch wenn ich im Sommer zum Glück wieder etwas mehr Gas geben und das ein oder andere Video umsetzen konnte.
Grundsätzlich kann ich aber sagen, dass das Ziel, den Bereich Video in den vielen NRW-Polizeibehörden generell zu stärken, durchaus gelungen ist. Beigetragen haben hier vermehrte Schulungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Sensibilisierung der Führungskräfte. Das hat an einigen Stellen zu einem Prozess des Umdenkens geführt.
- Was ist dein persönlicher KPI des Jahres? Welchen hast du am häufigsten genutzt?
Meine persönlichen KPIs des Jahres sind nach wie vor Engagement-Rate und Reichweite. Durch die Engagement-Rate können wir eine faire Vergleichbarkeit zwischen den Behörden schaffen. Die Reichweite aber bleibt für uns als Polizei die wohl wichtigste KPI. Denn darauf kommt es im Krisen- und Ernstfall an: So viele Menschen wie möglich erreichen!
- Was denkst du wird im Social-Media-Marketing 2022 am wichtigsten? Auf welche Social Media-Trends stellst du dich ein?
Facebook ist für die Polizei NRW neben Twitter immer noch das Hauptnetzwerk. Für uns ist aber auch klar, dass es immer schwerer wird, auf Facebook unbezahlte Reichweite zu generieren. Das heißt, wir müssen herausfinden, wie wir dort sichtbar bleiben. Gleichzeitig wird Video-Content noch wichtiger. Daher bleibt unser 2021-Ziel auch für 2022 bestehen: Mehr Video!
Franziska Hendreschke, Head of Social Media beim Deutschlandfunk
- Du hattest erwähnt, dass eins deiner größten Learnings von 2020 das Zuhören war. Zuhören, was auf Social gesprochen wird. Der neue Fokus hierauf hat euch sicher einen Vorteil gebracht im Vergleich zu sonst, oder? Konntest du einen Unterschied zu den Jahren zuvor wahrnehmen?
Ich glaube, dass unser Verantwortungsgefühl unserer Community und insgesamt Nutzer:innen gegenüber noch stärker geworden ist. Wir erleben regelmäßig, wie sehr die User:innen Einordnung und Hintergründe benötigen und wie sehr sie es wertschätzen, wenn wir sie liefern – auch im Community Management. Gerade unsere Instagram-Community mit einem Altersschwerpunkt zwischen 25 und 34 Jahren hat sich in der Pandemie wenig gehört und gesehen gefühlt. Durch ihre Rückmeldung wissen wir besser, was sie brauchen. Das ist ein großer Vorteil.
Eine weitere Beobachtung: Ich habe den Eindruck, dass einige „Hemmschwellen“ bei den Nutzer:innen gefallen sind – vielleicht auch, weil viele in Zeiten der Pandemie weniger „realen“ Austausch hatten. Das ist einerseits schön und bemerkenswert, weil wir in einen extrem intensiven, z.T. intimen Austausch mit unserer Community kommen. Andererseits führt es verstärkt dazu, dass einzelne Nutzer:innen auch mal Grenzen überschreiten und das zur Belastung für Community Manager:innen wird, weil z.B. mehr Menschen hilfesuchend auf uns zukommen oder aber vergessen, dass sie hier auch mit Menschen sprechen und sich im Ton vergreifen. Das zeigt mir noch mal mehr, wie wichtig es ist Community Manager*innen zu unterstützen – mit Zeit und Ressource, aber auch mit Tools zur Abgrenzung und psychischen Gesundheit.
- Was ist dein persönlicher KPI des Jahres? Welchen hast du am häufigsten genutzt?
Interaktionsrate! Unser Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen mit unserem Content interagieren. Nur so wissen wir, dass wir für sie relevanten Content produzieren.
- Was hat sich in 2021 verändert und auf welche Social Media-Trends stellst du dich 2022 ein? Inwieweit verändert sich Social Media weiter?
Manchmal fühlt es sich an, als wären wir 2021 mit angezogener Handbremse gefahren. Unser Team hat sich extrem gut an das Arbeiten im Homeoffice gewöhnt, gleichzeitig blieb und bleibt es immer ein Ausnahmezustand und (hoffentlich) eine Übergangsphase. Gerade kreative Prozesse anzustoßen ist in so einem Setting nicht leicht. Trotzdem haben wir das geschafft und viele Pläne für das kommende Jahr gemacht, die wir jetzt mit Vollgas umsetzen wollen.
Für das Social Media Jahr 2022 erwarte ich noch mehr Authentizität – oder vielleicht ist das meine Hoffnung. Durch TikTok und Reels wird wieder schneller, „dreckiger“ und mit Lust am Machen produziert. Ich glaube, das könnte sich 2022 fortsetzen und etablieren. Und ich hoffe, dass sich das nicht nur auf die Form, sondern auch auf den Inhalt auswirkt und wir (noch) mehr Ehrlichkeit und Authentizität in den Netzwerken erleben.
Khazer Alizadeh, Head of Social Media bei morefire
- Deine drei Social Media-Trends zu Beginn des Jahres waren Social Commerce, Video und UGC. Was denkst du? Wurden Firmen so aktiv wie du es dir gedacht hast? Mehr oder weniger? Was hat dich besonders beeindruckt in diesem Jahr, was war dein Content of the Year!
Ich glaube schon, dass Unternehmen mehr in den Bereichen gemacht haben und machen. Im Social Commerce hat das iOS-Update natürlich ein dickes Ei ins Social-Ads-Nest gelegt, das viele Unternehmen erstmal bearbeiten mussten; das bedeutete Tracking, Attribution etc. anpassen. (In unserem Artikel über Social-Media-Werbung geht’s genau darum).
Dass sich Videos als Trend fortgesetzt haben, kann man, glaube ich, fast unkommentiert so festhalten. TikTok und die Ansage, dass Insta eine Videoplattform sein soll, setzen da ihr eigenes Ausrufezeichen 🙂
UGC kam weniger, aber was mich begeistert hat, waren oft die Kommentarspalten aller Plattformen, in denen tolles und witziges Community Management von Seiten vieler Unternehmen stattgefunden hat. Zuletzt denke ich da auch an den Showdown zwischen ALDI und anderen Supermärkten via TikTok. Ich bin positiv überrascht davon, wie gut einige Unternehmen TikTok als Plattform erschlossen haben – auch Unternehmen, die man davor nicht auf dem Social-Media-Radar hatte.
- Hast du dein ambitioniertes Ziel von 12.000 Schritten pro Tag erreicht?
Yes, ich habe mein Ziel erreicht. 🙂
- Was denkst du wird in 2022 in Social Media am wichtigsten?
Es ist dieses Jahr viel passiert, aber ich glaube, was nächstes Jahr noch weiter relevant und interessant bleiben wird ist:
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- Social Audio, ich kann mir vorstellen, dass dieses Medium weiter genutzt und ausgebaut wird. Einen ersten Frühling hatten wir mit Clubhouse, jetzt gibt es Twitter Spaces und andere spezialisierte Plattformen.
- Augmented Reality: Nicht erst seit dem Meta Verse ist AR ein Thema in Social. Ich kann mir vorstellen, dass in 2022 ein großer Sprung gemacht wird.
Stephan Naumann, Director OMD Create
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- Bei deinen Trends stand das Stichwort “live” ganz oben. Hast du so viel Live Content gesehen, wie erwartet? Hast du in diesem Jahr ein gutes Projekt in diesem Bereich gesehen oder gar begleitet?
Die Nutzungszahlen in den Social Apps als auch Daten aus den Markt-Media-Studien zeigen uns, dass das Interesse an Live-Content bei Zuschauer:innen ungebrochen ist. Alleine auf Instagram erreicht der Hashtag #iglive mehr als eine halbe Million Uploads, auf TikTok können Nutzer:innen seit einiger Zeit in Livestreams sogar mit virtuellen Münzen reagieren und auf YouTube sehen sich täglich allein in Deutschland tausende Menschen Livestreams von großen Medienmarken als auch Marken oder Content Creators an. Das Thema Livestream ist also mittlerweile raus aus der Gaming-Nische und im Mainstream angekommen. Die verstärkte Nutzung von YouTube und Co auf dem Big Screen befeuert den Live-Trend weiter. Eines der besten Beispiele für den wachsenden Live-Trend auf YouTube ist das Format „7 vs. Wild“ von Fritz Meinecke – unzählige YouTube-Streamer sehen sich die neuen Folgen der aktuellen Staffel in einem Livestream auf YouTube direkt mit ihrer Community an.
Wir bei OMD Create reagieren mit innovativen Kreativkonzepten, die Live-Content dort mitdenken, wo es für unsere Kund:innen mit ihren Marken Sinn ergibt. Dabei steht das Engagement-Element oft im Mittelpunkt, denn durch Livestreams können Marken noch näher an ihre Konsument:innen heran rücken. Eines der für mich persönlich spannendsten Projekte dreht sich rund um das Thema Live-Shopping mit Influencern für einen Kunden im E-Commerce.
Andererseits stellt uns Live-Content im Rahmen von Influencer-Kampagnen vor neue Herausforderungen. Einerseits stellt sich die Frage der Prognose der Livestream-Views im Vorfeld der Kampagne und andererseits müssen Livestreams die kundenindividuellen Brand Safety-Kriterien erfüllen, ohne dass ein herkömmlicher Freigabeprozess für die Inhalte vor der Veröffentlichung wirken kann.
2. Was ist dein persönlicher KPI des Jahres? Welchen hast du am häufigsten genutzt?
Natürlich spielen auch in 2021 und 2022 für uns weiterhin Reichweiten und Performance-Werte eine zentrale Rolle. Jedoch rücken Kennzahlen wie die Watchtime in Videos stärker in den Fokus. Die Wiedergabedauer ist zwar bei weitem keine neue Kennzahl, spielt aber im Wettbewerb um den Platz im Social Feed auf Instagram, YouTube und Co eine immer wichtigere Rolle als der einfache Blick auf reine Aufrufzahlen.
3. Welche Trends glaubst du werden in 2022 in Social Media dominieren?
Ich möchte meine Antwort darauf fokussieren, was in 2022 für uns bei uns im Alltag noch wichtiger wird. Neben den Trending Topics wie Live-Shopping oder Social Commerce sehen wir großes Potenzial für aufregende und spannende Markeninszenierungen im Bereich der 3D Spaces. Sie eröffnen neue kreative Welten, um immersive Erlebnisse zu erzeugen. Hier passiert gerade viel im Markt – egal, ob die Entwicklung des Metaverse oder Roblox, der Boom der virtuellen Influencer oder der Buzz rund um NFTs. Wir haben bereits Learnings in ersten Augmented Reality-Umsetzungen am Point of Sale eines Einzelhandelskunden gesammelt.
Liebe:r Interviewpartner:innen, vielen Dank für euren Input! Wir sind gespannt auf 2022 und freuen uns auf kreative Kampagnen!